Doping und Korruption

Olympische Spiele, Wettkämpfe, Doping und Korruption

Alle Säugetiere, und so auch der Mensch, spielen. Jedem Kind sind Neugier und Lust zum Spiel angeboren. Das Spiel gilt entwicklungspsychologisch als Hauptantriebskraft der frühkindlichen Selbstfindung und späteren Sozialisation des Menschen. Der Mensch reflektiert, erforscht und erkennt die Welt zuerst im Spiel. Das Spielen erzeugt eine gute Stimmung. Das Zentrum unseres Belohnungszentrums ist der Nukleus accumbens. Dieser Nervenknoten verbindet lebenswichtige Vorgänge wie Essen, Trinken und Sex etc. mit einem Lustgefühl, indem er den Neurotransmitter Dopamin ausschüttet und gemeinsam mit  Adrenalin und Serotonin eine wohlige Gefühlskaskade im Belohnungszentrum des Gehirns und im gesamten Organismus auslöst. Der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga untersuchte in seinem Werk ‚Homo ludens’ die Rolle des Spiels in allen Bereichen der Kultur, besonders in Recht, Wissenschaften, Kunst und Philosophie. Das Spiel wird von ihm als zentraler, selbständiger Kulturfaktor beschrieben und als Ursprungsort aller großen kulturellen Bildungen angesehen. In ihren Spielen bringt die Gemeinschaft ihre Deutung des Lebens und der Welt zum Ausdruck. Roger Callois, ein französischer ‚Ludologe’ hat sechs fundamentale Regeln eines Spiels definiert: Es gibt eine freiwillige Zusammenkunft der Spieler. Spielen ist unproduktiv und ein räumlich und zeitlich begrenztes Ereignis. Organisierte Spiele haben einen durch ein Regelwerk festgelegten Ablauf. Man lebt während des Spiels in einer fiktiven Wirklichkeit. Das Spiel hat einen offenen Ablauf und ein ungewisses Ende. Es werden ‚Agon’ (Wettkampf), ‚Alea’ (Zufall), ‚Mimikry’ (Maske) und ‚Ilinx’ (Rausch) unterschieden. In kultischen und religiösen Ereignissen gibt es einen heiligen Ernst. So zum Beispiel beim Abendmahl. Während der Wandlung spricht der Priester: „hoc est corpus meum“  - „dies ist mein Leib“. Daraus entstand die Verballhornung ‚Hokuspokus’. Das Abendmahl ist aus dem Schlachtopfer entstanden, denn der Altar war ursprünglich eine Schlachtbank. In der griechischen Mythologie erfanden die Götter das Spiel. Hermes, der Götterbote, Gott der Diebe und der Kaufleute, der Seelenwäger und Seelenführer ins Reich der Toten, soll den Würfel zum Zweck des Spielens entwickelt haben. 

 

Die Olympischen Spiele

Der Ursprung der Olympischen Spiele der Antike liegt vermutlich im 2. Jahrtausend v. Chr. Die Spiele waren keine Sportveranstaltung, sondern ein religiöses Fest zu Ehren des Göttervaters Zeus und des göttlichen Helden Pelops. Die Wettkampfrichter prüften die Teilnahmeberechtigung der Athleten und überwachten die Einhaltung der Hygiene, das Training und die Beachtung der Wettkampfregeln. Zu Beginn der Spiele wurden sie und die Athleten vereidigt. Bei Regelverstößen hatten sie das Recht, körperliche Züchtigung anzuordnen, die durch die „Peitschenträger“ vollzogen wurde. Bei Verstößen wurde der Teilnehmer sofort von den weiteren Wettkämpfen ausgeschlossen und in Unehren in seine Heimatstadt geschickt. Auf Kosten des Regelverletzers wurden sogar Zeusstatuen angefertigt und am Zugang zum Stadion aufgestellt, an deren Postament der Name und der Herkunftsort des Bestraften verewigt wurden. Gegebenenfalls wurde noch eine öffentliche Auspeitschung durch Sklaven vorgenommen. Trotzdem behielt ein bestrafter Athlet aber den Titel und seinen Siegerkranz. Die Sieger sah man als „von den Göttern begünstigt“ an und verewigte sie mit Gedichten und Statuen. Jede Niederlage, sogar schon ein zweiter oder dritter Platz, galt als untilgbare Schmach. Die Verlierer kehrten auf Schleichwegen in ihre Heimat zurück, um dem von ihnen erwarteten Spott zu entgehen. Die Einführung der Olympischen Spiele der Neuzeit wurde 1894 als Wiederbegründung der antiken Festspiele auf Anregung von Pierre de Coubertin beschlossen. Sie sollten dem sportlichen Vergleich und der Völkerverständigung dienen. Aber die Spiele haben trotzdem ihren todernsten Charakter behalten. Es handelt sich um einen Agon, einen Wettkampf, der sehr ehrgeizig ausgetragen wird. Die Spieler geizen nach Ehre. Geiz galt ehemals als Todsünde. Trotzdem wollen viele um jeden Preis siegen. Dafür werden auch Intrigen eingesetzt. Intrigen sind Handlungsstrategien, wodurch versucht wird, anderen Menschen Schaden zuzufügen. Mittels der Intrige wird versucht, eine persönlichen emotionalen Befriedigung oder gruppeneigene Vorteile durchzusetzen. Eine der berühmtesten Intrigen der abendländischen Weltgeschichte fand im Kampf um Troja statt: Die Griechen schenkten den Trojanern das berühmte hölzerne Pferd. Der englische Begriff für Geschenk ist ‚gift‘. Geschenke sind mit Vorsicht zu genießen, denn sie können sehr giftig sein. Denken wir an den Begriff der Mitgift. Damit kommen wir zum Doping:

 

Doping

Dieser Begriff kommt aus dem Englischen und ist das Gerundium des Verbs to dope: Drogen verabreichen. Ursprünglich entstand das Doping beim britischen Pferderennen. Man gab den Pferden des gegnerischen Rennstalles heimlich Alkohol, wodurch diese dann geschwächt waren. Heute versteht man unter Doping die Einnahme unerlaubter Substanzen oder die Nutzung unerlaubter Methoden zur Steigerung bzw. zum Erhalt der Leistung, was zu einer ungleichen Chancenverteilung im sportlichen Wettbewerb führt. Doping wird auch im Berufsleben im Zusammenhang mit Aufputschmitteln sowie erwünschten oder vermeintlich benötigten Steigerungen von z. B. Aufmerksamkeit, Ausdauer, Leistung und Stressresistenz verwendet. Laut dem Gesundheitsreport 2015 der Deutschen Angestellten-Krankenkasse verwenden schätzungsweise bis zu fünf Millionen Beschäftigte zeitweise rezeptpflichtige Medikamente, um „besser“ mit dem Leben zurechtzukommen. Darüber hinaus verwenden viele Menschen Tabak, Alkohol, Haschisch, Kokain, Viagra etc. Letztlich soll damit das eingangs erwähnte Belohnungszentrum getriggert werden. Als allumfassendstes Dopingmittel kann das Geld angesehen werden:

Geld, primär ein Tauschmittel zwischen Menschen und Göttern 

Es ist üblich, Werte durch Geld darzustellen. Geld ist eine Fiktion, eine Fantasie, ein Symbol, woran die menschliche Gemeinschaft glaubt. Geld gehörte in allen Kulturen zum heiligen Raum. In der Antike wurde in allen Hochkulturen eine Tempelwirtschaft betrieben. Die Tempel waren antike Bankhäuser, die Kredite bis zu 50% gaben. Die Übersetzung des althochdeutschen gelt bedeutet sinngemäß ein Opfer an die Götter. Das angelsächsische gild − heute guild − bedeutet ursprünglich Opfergemeinschaft. Man opfert der Gottheit, dafür gibt die Gottheit Erfolg. Es gab vieles, was als Geld angesehen wurde, so beispielsweise das lebenswichtige Salz, woraus der römische Name Sold entstand. Wir bewegen uns, wenn wir unsere alltäglichen Geldgeschäfte tätigen, in einer virtuellen Welt. Psychiatrisch formuliert kann Geld als eine Art legitimierter Beziehungswahn angesehen werden, denn man muss an den Geldschein oder die Kreditkarte glauben. Der Begriff Kredit ist aus dem Italienischen credito entlehnt, was „Leihwürdigkeit“ und Vertrauen schenken bedeutete. Sobald die Menschen den Glauben an das Geld verlieren, also dem Staat nicht mehr vertrauen und ihn nicht mehr als kreditwürdig ansehen, entsteht eine Inflation. Flare, aus dem Lateinischen kommend, bedeutet blasen: Es löst sich alles in Luft auf.

 

Eine spezielle Form des Dopings ist die Korruption

Bevor direkt auf die Korruption eingegangen wird, noch einer kleiner Exkurs in die Soziobiologie: Mit dem Handicap-Prinzip wird beschrieben, dass ein Nachteil auch Stärke demonstrieren kann. Wer trotz  Handicap den Wettbewerb mit seinen Artgenossen und Konkurrenten erfolgreich übersteht, wird nach dieser Theorie von seiner Umwelt als besonders lebenstüchtig, potent und dadurch als attraktiv wahrgenommen. Sprichwörtlich ist die eindrucksvolle dunkle Mähne männlicher afrikanischer Löwen. Sie ist der visuelle Ausdruck eines hohen Testosteron-Spiegels und guter Ernährung, was für das Individuum gleichzeitig bedeutet, dass es in der sengenden Sonne der afrikanischen Savanne einem deutlich erhöhten Hitzestress ausgesetzt ist. Feldversuche mit ausgestopften männlichen Löwen zeigten, dass Weibchen sehr positiv auf männliche Tiere mit ausgeprägter Mähne reagieren. Die Löwinnen „denken“, dass die Gene so eines potent erscheinenden Löwen besonders gut sind. Männliche Konkurrenten dagegen gehen solchen Individuen eher aus dem Weg. Es sei an Richard Dawkins „egoistisches Gen“ erinnert. Potentielle Angreifer und die am Sex interessierten Löwinnen lassen sich von der demonstrierten Macht bestechen, respektive korrumpieren. Der Begriff „Korruption“ leitet sich von lateinisch corruptus ‚bestochen‘ ab. Er bezeichnet Bestechlichkeit, Bestechung, Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung. Sie wird als destruktiver Akt der Verletzung des allgemeinen Interesses zu Gunsten eines speziellen Vorteils definiert. In den feudalen europäischen Flächenstaaten des 18. Jahrhunderts wurde Korruption systematisch praktiziert. Diplomaten hatten eine Art Anrecht darauf, bestochen zu werden. Je höher der Rang, desto höher die Ausgaben für ehrenwerte Luxusattribute. Heute werden viele Spitzensportler- und Manager mit astronomischen Geldsummen entlohnt, womit sie sich durch Luxusattribute aufwerten können. Ihre Gehälter werden Honorar genannt. In diesem Begriff steckt der Begriff der Ehre. Je höher das Honorar, desto größer die Ehre. Allerdings bringt diese übergroße Honorierung auch Stress. Sie muss versteuert werden. Wie ehrenhaft sind nun etliche Spitzenmanager wie beispielsweise des Fußballs oder mancher Autokonzerne? Sepp Blatter, Uli Hoeneß und wie sie alle heißen. Auch eines „Kaisers“ Thron wackelt schon. Millionenspieler, die nachweislich korrumpiert und - hoffentlich - verspielt haben. 

Dr. med. R. Mathias Dunkel  

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Kommentare: 5
  • #1

    Klaus (Sonntag, 28 August 2016 17:24)

    Ein hochaktueller Artikel! Können sich denn besagte "Spieler" im bestehenden System überhaupt verspielen? Es wird den Rückkehrern doch sowohl im Sport als auch den Zockern der Wirtschaft extrem einfach gemacht, nach minimaler Zwangspause (falls überhaupt) vollkommen ungeniert weiterzuspielen...

  • #2

    K.Breitenbach (Dienstag, 02 Mai 2017 16:02)

    "hochaktuell" und vor allem "hochinteressant";-)

  • #3

    B. Helber (Mittwoch, 21 Februar 2018 16:17)

    an der Verwendung der Superlative mit "hoch..." erkennt man den Hochstapler...

  • #4

    Sherlock (Dienstag, 15 Mai 2018 14:12)

    also diese Kommentare hier stammen bis auf den letzten eh alle vom Autor selbst - armselig...

  • #5

    Dr. med. Dunkel (Dienstag, 15 Mai 2018 14:51)

    My dear Sherlock, that's an error!
    Your Watson alias R. M. Dunkel