Man muss im Laufe seines Lebens Haare lassen.

Auf diesem Gemälde Rembrandts - der Blendung Simsons - ist eindeutig dargestellt, dass durch Stress Haarverlust entstehen kann. Haarverlust ist ein psychosomatisches Geschehen. Die meisten Dermatologen bestreiten das!

Haare sind ein wesentlicher natürlicher Schmuck beim Menschen, wodurch die erotische Anziehungskraft eines Menschen für den anderen mit bedingt ist. Gleichzeitig stellen Haare Macht- und Potenzsymbole dar: man erinnere sich an die königliche Mähne des Löwen. Haare sind von alters her ein hervorragender Schmuck. So heißt es im Hohen Lied Salomons: "Siehe, schön bist du, meine Freundin. Siehe, du bist schön! Deine Augen leuchten wie Tauben hinter deinem Schleier hervor. Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die herabsteigt vom Gebirge Gilead." In der Bibel gibt es eine sehr spannende Geschichte über den Verlust des Haares eines Mannes. Es handelt sich um Samson (der Name bedeutet „von der Sonne“; höchstwahrscheinlich eine Anspielung auf die Sonnenstrahlen). Als einem Auserwählten Gottes durfte sein Haar nie geschnitten werden. In diesem lag das Geheimnis seiner unbezwingbaren Stärke. Die Philister drängten Delila, das Geheimnis der Stärke Samsons herauszufinden. Schließlich erfuhr sie, dass diese in seinem Haar gründete, und sie verriet ihn. Samson wurden seine Haare abgeschoren, und daraufhin wurde er durch die Philister gefangen genommen, geblendet und als Blinder zum Mahlen von Getreide eingesetzt. Als sich einmal 3000 Philister in ihrer großen Halle versammelten, ließen sie Samson holen, um sich an dem hilflosen Gefangenen zu belustigen. Samson, dem unterdessen das Haar wieder nachgewachsen war,  umfasste die zwei Mittelsäulen, auf denen das Haus ruhte, und stemmte sich gegen sie und neigte sich mit aller Kraft. Da fiel das Haus auf die Fürsten und auf alles Volk, das darin war, sodass es mehr Tote waren, die er durch seinen Tod tötete, als die er zu seinen Lebzeiten getötet hatte. 

Auch für Männer ist das Haar ein wichtiges Attribut.

Haare und Haartrachten, wozu auch die Barttracht gehört, sind von jeher Ausdruck sozialpsychologischer Machtverhältnisse. Man muss Haare lassen, wenn man traurige Erfahrungen macht, einen Schaden erleidet oder entmachtet wird. Spätestens im Rokoko gehört es zur Amtstracht der Richter, eine Perücke zu tragen, nachdem viele Männer und Frauen ihre Haare aufgrund der  damals grassierenden Syphilis verloren hatten. In Großbritannien tragen die Richter bis zum heutigen Tag während ihrer Amtsausübung die obligatorische Perücke. Karl Marx ist berühmt wegen seiner "Löwenmähne“ und seinem immensen Bart. Allein schon in den letzten 100 Jahren gab es vielfältige Haartrachten, mit denen Gesinnungen zum Ausdruck gebracht werden sollten. Aus der Kaiserzeit gab es den Kaiser-Wilhelm-Bart, in den 50er Jahren zeigten sich die Existenzialisten mit langen Bärten. Und so haben beispielsweise die Beatles in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts mit ihren langen Haaren Furore gemacht, wobei die gesamte Hippiekultur lange Haare trug. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden den Französinnen, die mit deutschen Soldaten zusammengearbeitet oder mit diesen ein Verhältnis hatten, die Haare abgeschoren. Ende der 50er Jahre reüssierte wiederum die amerikanische Schauspielerin Jean Seberg in dem französischen Kultfilm "Außer Atem" mit kurzen Haaren und der amerikanische Schauspieler Yul Brunner war u. a. berühmt wegen seiner künstlichen Glatze. Heutzutage hat sich die Haartracht demokratisiert: ob Dread-Loks, Glatze, sorgfältiger Scheitel, kurze Haare, lange Haare: alles geht. Waren im 19. Jahrhundert die sprichwörtlichen Zöpfe abgeschnitten worden, wurden sie in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder salonfähig. Es ist auch Ausdruck psychologischer Neugestaltung u. Krisen, wenn sich zum Beispiel die Pop-Sängerin Britney Spears eine Glatze schneidet. Die berühmte „Bienenkorbfrisur“ von Amy Winehouse war Kult.

Das Haar und der Haarschmuck gibt offensichtlich Selbstvertrauen. Bei Frauen, die unter Depressionen leiden, ist es ein wesentliches Merkmal der beginnenden Gesundung, wenn sie wieder einen Friseur aufsuchen.

 

Etliche Menschen leiden unter Haarausfall, der Alopezie.

Mit diesem Begriff bezeichnet man ganz allgemein eine sichtbare Lichtung des Kopfhaars, d. h. ein Zustand mit abnorm „schütterem“ Haupthaar oder mit haarlosen Hautbezirken, der  Alopecia areata (kreisrunder Haarausfall). Sie  ist die häufigste entzündliche Haarausfallerkrankung (ca. 1,4 Mio. Menschen in Deutschland) und kann in jedem Lebensalter auftreten. Man nimmt an, dass Immunzellen ihre Aktivität gegen die Zellen in den Haarwurzeln des eigenen Körpers richten (Autoimmunreaktion). Die Haare werden somit vom Immunsystem als „fremd“ erkannt und deshalb abgestoßen. Dies geschieht, indem zunächst eine Entzündungsreaktion entsteht, die das Haarwachstum stört und schließlich zum Ausfallen des Haares führt. Bei vielen Menschen wachsen diese kahlen Stellen auch ohne Behandlung wieder zu und sind daher lediglich zeitlich begrenzt. Jedoch kann der Haarausfall auch weiter fortschreiten und zum Verlust aller Kopfhaare (Alopecia totalis) oder auch zum Verlust aller Körperhaare (Alopecia universalis) führen. Sehr gut sind diese Vorgänge in einem modernen Forschungszweig der Medizin, der Psychoneuroimmunologie (PNI) erforscht, welches ein interdisziplinäres Forschungsgebiet darstellt, das sich mit der Wechselwirkung des Nerven-, des Hormon- und des Immunsystems beschäftigt. Das Immunsystem besteht aus mehreren eng miteinander kommunizierenden Subsystemen, deren zentrale Aufgabe der Schutz des Organismus vor eindringenden Fremdstoffen, Bakterien und Viren, so wie vor Entgleisungen des genetischen Apparates ist. Leukozyten, also die weißen Blutkörperchen sind die wichtigsten Zelltypen, welche die eingedrungen Stoffe und Lebewesen vernichten. Es konnte nachgewiesen werden, dass Autoimmunerkrankungen durch Lernen modifizierbar sind. Das klassische naturwissenschaftliche Experiment, welches diese Lernvorgänge beweist, wurde erstmals von dem amerikanischen Physiologen Ader durchgeführt: Er gab Ratten Cyclophosphamid, eine Substanz, die Immunzellen unterdrückt. Außerdem gab er diesen Ratten gleichzeitig Saccharin. Die Ratten reagierten immunologisch wie erwartet: die Immunzellen waren in ihrer Anzahl deutlich vermindert. Nachdem sich die Ratten von diesem Versuch erholt hatten, wiederholte der Forscher diesen Versuch mehrfach. Immer wieder reagierten die Ratten gleichartig. Schlussendlich gab er im letzten Versuch den so trainierten Tieren nur noch Saccharin. Und siehe da, die Ratten reagierten so, als hätten sie Cyclophosphamid bekommen. Das Bahnbrechende an diesem Versuch war, dass hiermit eindeutig gezeigt werden konnte, dass biologische Zellen des tierischen Körpers trainierbar sind.

 

Alle Körperzellen sind trainierbar

Seit diesem Experiment sind mehr als hundert Untersuchungen erschienen, welche die Konditionierbarkeit einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Immunreaktionen zeigen konnten. Man hat unterdessen diese Versuchsanordnung bei Menschen mehrfach wiederholt. So hat eine Arbeitsgruppe Menschen Noradrenalin injiziert, also eine Substanz, die die Immunzellen stimuliert, und gab den Probanden gleichzeitig Brausebonbons. Nach mehrfacher Wiederholung dieser Versuchsanordnung gab man den Probanden nur noch Brausebonbons. Auch hierbei wurde dann deutlich, dass nach der Gabe der Brausebonbons die Immunzellen deutlich angestiegen waren. Gestützt auf diese Befunde wurde nun seit den 80er Jahren untersucht, inwieweit psychosoziale negative Einflüsse sich negativ auf das Immunsystem auswirken. Hierbei konnte man recht eindeutig ermitteln, dass negativer Stress - also Dysstress -bei vielen Menschen das Immunsystem deutlich verschlechtert. Als Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie habe ich schon mehrere Patienten erfolgreich wegen einer Alopezie behandeln können. Sehr dramatisch war der Verlauf einer damals etwa fünfzigjährigen Patientin, die in zweiter Ehe unglücklich verheiratet war. Obwohl sie sich durch ihren Ehemann sehr stark beeinträchtigt gefühlt hatte, wollte sie sich aus verschiedenen Motiven nicht scheiden lassen. Sie entwickelte eine so starke Alopezie, dass sie eine Perücke benötigte. Nachdem es ihr Mithilfe der Psychotherapie dann doch schließlich gelang, sich von ihrem Ehemann zu trennen, wuchsen ihr die Haare wieder nach. Bei vielen Patienten, die unter einer Trauerreaktion leiden, kann oftmals ein Haarausfall beobachtet werden. Mithilfe der  Psychotherapie kann sich der Haarausfall wieder zurückbilden.

 

Prävention gegen Disstress:

Folgendes kann man alltäglich wahrnehmen, um gar nicht erst unter einem Stresssyndrom zu leiden, und somit auch gegen eine Alopezie gewappnet zu sein: Alltäglich moderater Sport und Meditation (z.B. Yoga). Bewegung, ausreichender Schlaf, so wie eine ausgewogene Ernährung sind Grundpfeiler zur Erhaltung der Gesundheit, was schon seit der Antike bekannt ist. Die medizinische Forschung der letzten Jahr­zehnte hat eindrücklich belegt, dass regelmäßiges Ausdauertraining der Entstehung vieler Erkrankun­gen entgegenwirkt und sowohl die Lebenserwartung als auch die Lebensqualität und vor allem die Lebensfreude erhöht. Bewegungsthe­rapeutische Ansätze wurden daher in den letzten Jahren besonders in Rehabilitationskliniken und in psychosomatischen Abteilungen immer mehr ge­nutzt. In einer Vielzahl von Studien an Gesunden sind positive Einflüsse von Ausdauertraining auf Depres­sivität, Stimmung, Ängstlichkeit, Selbstbewusst­sein sowie Stressbewältigungsvermögen wissen­schaftlich nachgewiesen worden. In etlichen Studien konnte außerdem gezeigt werden, dass es bei Menschen mit geringer körper­licher Aktivität im Vergleich zu sportlich aktiven Personen innerhalb von acht Jahren zu einer dop­pelt so hohen Depressionsrate kam. Mit anderen Worten: Inaktivität erhöht das Risiko, an einer depressiven Störung zu erkranken. Sich zu entspannen wird im Yoga als aktive Tätigkeit begriffen, die zu einem Zustand körperlichen und geistigen Wohlbefindens führt. Dieser Zustand gleicht weder aufgeregter Anspannung noch dumpfer Schlaffheit. Wer dies durch das Üben erreicht, übt im Sinne von Yoga. Letztendlich übt sich alles lebenslänglich! Nur in einem solchen Zustand der Körper-Geist-Einheit kann sich der innere Wesenskern offenbaren, was sich letztendlich auch in einem schönen Haar widerspiegelt.

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Kommentare: 6
  • #1

    Klaus Schumann (Mittwoch, 04 Februar 2015 09:02)

    der Artikel gefällt mir sehr gut und macht mir Hoffnung. Ich habe schon lange Hasrausfall und versuche verzweifelt dagegen anzugehen. Die Antwort der behandelnden Ärzte ist letztendlich immer, damit müssen sie leben, das ist genetisch bedingt...

  • #2

    Harlekin (Mittwoch, 04 Februar 2015 12:54)

    das ist eine kulturhistorisch, medizinisch hochkomplexe Abhandlung!
    Wunderbar.
    Solch ein Ansatz und solch eine kompetente Betrachtungs- und Sichtweise ist rar gesät!

  • #3

    G. Schmidt (Mittwoch, 04 Februar 2015 13:06)

    Seit 10 Jahren leide ich unter Hasrausfall ohne, dass ein Befund vorliegt. Ihr Artikel macht mir Mut!

  • #4

    Florian J. (Mittwoch, 04 Februar 2015 15:32)

    Sie sollten Ihre Blogartikel einem breiteren Publikum zugänglich machen!

  • #5

    G.Hauser (Samstag, 14 Februar 2015 20:06)

    Ihr Artikel ist mir eine so große Hilfe. Ich schöpfe daraus wieder Hoffnung.

  • #6

    H. Kaiser (Freitag, 20 Februar 2015 18:57)

    Ein hochdifferenzierter Artikel. Ich werde ihn noch öfter studieren.