Glücklich ohne Arbeit

Früher haben nur die Sklaven gearbeitet. Arbeit war eine Schande! Heutzutage ist es eine Schande, keine Arbeit zu haben. Aber: Arbeit macht nicht frei, sondern Arbeit macht krank, was das allgemeine Burn-Out-Syndrom darstellt. Wie Sie sich von der Arbeitsfron befreien können, wird nachfolgend beschrieben.

Glücklich ohne Arbeit. Provokation, Utopie oder Realität?!

 

Der Psychosomatiker Dr. med. R. Mathias Dunkel trifft zielgenau unseren Zeitgeist. Sein jüngstes Buch ist eine präzise Analyse unserer Lebensverhältnisse und zeigt realistische Lösungen. Eine an- und aufregende Gesellschaftskritik.

 

„Nun“, sagte ich, „wenn ich ein Taugenichts bin, so ist’s gut, so will ich in die Welt gehen und mein Glück machen.“ Mit dem „Leben eines Taugenichts“ des Romantikers Freiherr Josef von Eichendorff lässt  R. Mathias Dunkel sein Buch „Glücklich ohne Arbeit“ beginnen. Dieses amüsante, ideenreiche, interdisziplinäre und sehr spannend geschriebene Buch lässt sich genauso wenig einordnen wie sein Autor. Dieser, ein jetzt 70jähriger sportlicher, athletischer (bis auf seinen hervorragenden Bauch, wie er zu betonen pflegt) und sehr jung und lebendig wirkende Mann, blickt auf ein sehr buntes – und gar nicht so dunkles, wie sein Name glauben macht – Leben zurück und will weiterhin viel bewirken, denn Senat bedeute der „Rat der Alten“.  Dunkels Leben wirkt wie ein Abenteuerroman: Er wuchs im zertrümmerten West-Berlin der Nachkriegszeit auf. Seine ersten Lebensmonate vornehmlich im Luftschutzkeller. Später, nachdem man ihn auf dem Gymnasiums nicht mehr haben wollte, erwarb er, weiterhin ohne Schularbeiten anzufertigen, den Realschulabschluss. Angeregt durch Thomas Manns  „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ wollte er eine Karriere im Hotelfach beginnen und lernte zunächst Konditor, was wohl nicht so süß war wie es klingt: Während seiner Lehrzeit erlitt er durch ausgeprägten Schlafmangel und ein exzessives Leben eine psychotische Episode und wurde daraufhin für insgesamt 1,5 Jahre als Patient in der Psychiatrie mit der Fehldiagnose Schizophrenie behandelt. Die Abschlussberichte seiner Klinikaufenthalte ließ er sich dann später von seinem damaligen behandelnden Psychiater aushändigen und publiziert sie im vorliegenden Buch mitsamt der Entschuldigung dieses Arztes für dessen psychiatrische Behandlung. Sehr spannend und anrührend beschreibt Dunkel, wie er sich aus dem Labyrinth der Psychiatrie befreite, ähnlich wie Kafkas Affe in der Erzählung „Ein Bericht für eine Akademie“, der nie Freiheit suchte, sondern immer nur einen Ausweg.

 

Dunkels Stationen des Auswegs 

Stationen der Auswege dieses abenteuerlichen Psychosomatikers waren Tätigkeiten als Konditor, Reise- und Fremdenführer, Koch, Kellner, Zeitungsverkäufer, Bürobote beim „Berliner Tagesspiegel“, Bauarbeiter, „Docker“ im Hamburger Hafen, Kochsmaat auf großer Fahrt zur See, Tätigkeiten bei den „Lübecker Nachrichten“ im Vertrieb und in der Rotation, Abitur auf dem Abendgymnasium und schließlich Studium der Humanmedizin und Kunstgeschichte. Er war Assistenzarzt in der Urologie, Unfallchirurgie und in der Psychiatrie. Schon lange ist er in eigener Praxis niedergelassen und anerkannter Weiterbildungsleiter, sowie Supervisor und Coach in verschiedenen Organisationen verschiedener Berufsfelder. Faul war  er wohl offensichtlich nie, aber er habe nie gearbeitet, sondern war und ist – wie er betont - spielerisch tätig. So kenntnisreich, bunt und witzig wie sein Lebenslauf ist das vorliegende Buch geschrieben. Die Realität der Arbeitswelt wurde für ihn als 17jährigen in der Konditorlehre zum Schock; er wurde von den Kollegen gehänselt, erfuhr sich selbst als vollkommen wertlos und erlitt eine psychotische Episode, was ihn in eine psychiatrische Klinik brachte. Dort hatten die Seelenärzte wenig  Verständnis für ihn und traktierten ihn mit hochpotenten Psychopharmaka und vor allem der „Arbeitstherapie“. Er habe sich seelisch nahezu vernichtet gefühlt. Um die Wiedererlangung von Selbstwertgefühl und Lebensfreude geht es vornehmlich in seinem Buch. Er ist zutiefst davon überzeugt, dass das Leiden seiner Jugendjahre wie dasjenige vieler seiner heutigen Patienten auf die Unterscheidung von Frei- und Arbeitszeit zurückzuführen ist. Er geht der Wortgeschichte des Arbeitsbegriffs nach.

 

Unterscheidungen von Arbeit, Faulheit und Tätigkeit

Die Brüder Grimm definieren „Arbeit“  als Mühe, Beschwernis oder Leiden und verweisen auf die gemeinsame Herkunft mit „rabota“, was Mühsal oder Sklaverei bedeutet. In seiner Tour de Force dieser komplexen Thematik erinnert der Autor an Jesu’ Bergpredigt und spricht von ihr als einem historischen Donnerschlag: Jesus wollte die Menschen vom Joch der Arbeit befreien und ihnen Sorglosigkeit lehren sowie unbeschwerte Gegenwärtigkeit. „… was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.“ Der Protestantismus verkehrte die Aussagen der Bergpredigt mit seiner Prädestinationslehre  ins Gegenteil: Da die Absichten Gottes den Menschen verborgen bleiben, müsse jeder im Sinne einer tugendhaften Lebensführung handeln, als ob er von Gott auserwählt sei. Unbändiger Fleiß, individueller und wirtschaftlicher Erfolg könnten in der Folge als Zeichen für den  Gnadenstand gewertet werden und zeugen von der Prädestination des Individuums. Somit wurde Arbeit zum erstrebenswerten Ideal und zum Sinn des Lebens erhoben. Karl Marx beschreibt schließlich eine Gesellschaft, in der nur der Geldbesitzer etwas gilt, mag er noch so hässlich sein, in welcher alles auf Ausbeutung durch Arbeit abzielt und auf Vermehrung des auf Arbeitsleistung beruhenden Kapitals. Dunkel zitiert sogar Marx’ vergessenen Schwiegersohn Paul Lafargue und dessen witzige Streitschrift „Das Recht auf Faulheit“ und zeichnet nach, wie der arbeitsame bürgerliche Geldadel den nicht arbeitenden Hofadel in seiner Macht allmählich ablöst. Sogar Gefühle werden zur Arbeit, wenn der Psychoanalytiker Sigmund Freud von Trauerarbeit spricht und heutzutage „Gefühle durchgearbeitet“ werden. Der Utilitarismus ist unser heutiges Selbstverständnis. Nietzsche zitierend weist der Autor nach, dass es zur Umwertung der Werte gekommen sei und beschreibt, wie die arbeitsscheuen Nazis, die den arbeitslosen Menschen Arbeit in den Arbeits- und Konzentrationslagern verschafften, und am Eingang ihrer Konzentrationslager „Arbeit macht frei“ plakatierten. Etwa zwanzig Jahre nach dem Zusammenbruch des DDR-Regimes, dem so genannten Arbeiter- und Bauernstaat, in dem es offiziell keine Arbeitslosigkeit gab, wurde eines dieser Schilder verstohlen gestohlen. Die Auszeichnung „Held der Arbeit“ wurde von der Herrschenden Klasse, den Funktionären, in dem verfaulten Staat der DDR, in dem nur wenig funktionierte, verliehen. Arbeiteten diese? Oder ließen sie nicht lieber – wie immer in der überlieferten Geschichte - andere arbeiten? Es wird nachgewiesen, dass die heutige Gesellschaft im Bann des abstrakten Fetischs der Arbeit steht. So ist die gesellschaftlich prägende Schule zu einem Ort geworden, an dem alles Spielerische verlorengegangen ist, und den Kindern der berüchtigte Ernst des Lebens eingebläut wird. So wird auf Hermann Hesses stark autobiografischen Roman „Unterm Rad“ verwiesen, in dem die Folgen derartiger Zuchtanstalten beschrieben werden. Hier setzt der Psychosomatiker Dunkel an, weil er weiß, dass eine Gesellschaft, die derlei rigiden Prinzipien folgt, letztlich dazu verurteilt ist, seelisch zu verkümmern und psychosomatisch – also gleichzeitig seelisch und körperlich - zu erkranken. Heute werden die Schüler mit der Pisa-Studie gepiesackt.

 

Die Freiheit liegt in der Fantasie

Neben vielen weiteren sehr interessanten Bezugnahmen auf Literatur schildert der Psychosomatiker verschiedene sehr spannende Fallgeschichten, die wie Kurzgeschichten zu lesen sind. Da sind Patienten, die in der ständigen Anspannung leben, immer die Besten sein zu müssen, und tiefe Ängste haben, nicht mehr leistungsfähig und damit wertlos zu sein. Sie können sich nicht mehr an kleinen Schritten erfreuen, wollen stets ans Ziel gelangen und immer effizient sein. Viele werden arbeitsunfähig und klagen unter anderem über Rückenschmerzen. Ihnen sucht der Therapeut zu vermitteln, der auch ein Buch über die Psychosomatik des Rückenschmerzes geschrieben hat, Tätigkeiten wieder spielerisch aufzufassen. Man dürfe wollen; kein Mensch muss müssen, betont er, Lessings Nathan den Weisen zitierend. Dem Autor geht es um die spielerische Lebensfreude, um Kampf- und Liebeskunst! Tätigkeit könne lustvoll werden und das Selbstwertgefühl heben, wenn nicht die Pflicht im Vordergrund steht. Der spielerische Umgang mit sich selbst und dem Alltag darf dabei sowohl auf körperlicher als auch geistiger, also psychosomatischer Ebene erlernt werden. Dunkel treibt selbst täglich ausgiebig mit großer Freude Sport – keinen Leistungssport - und empfiehlt seinen Patienten ebenfalls regelmäßige und häufige Bewegung. Und ebenso wichtig ist ihm die mentale Veränderung. Ausführlich und sehr eigenwillig interpretiert er das Märchen vom „Hans im Glück“, der sein Hab und Gut immer wieder eintauscht, bis er am Ende nichts mehr hat, aber sein wahres Glück macht, weil er sich selbst davon überzeugen kann, dass er den besseren Teil erwählt hat. Mit Fantasie, respektive der Einbildungskraft erschafft man sich seine konstruktive, positive Welt. Ein sehr anregendes, gehaltvolles sehr spannendes Sachbuch – eher ein gesellschaftspolitischer Krimi, in dessen Bann man gezogen wird: Ein Buch, das viele Leser verdient hat.

 

B. Christine Schneider

Dr. med. Rainer Mathias Dunkel: Glücklich ohne Arbeit. Mit Einbildungskraft zum Erfolg.

© Dr. med. Rainer Mathias Dunkel, Wiesbaden 2013.

Kommentar schreiben

Kommentare: 8
  • #1

    O. Hatmann (Sonntag, 15 Februar 2015 07:02)

    Ich fühl mich wie Ein Slave- wie Hamster im Laufrad und bin völlig erschöpft. Jetzt verstehe ich erstmals Zusammenhänge. Danke für Ihre Darstellung

  • #2

    Ok Marland (Donnerstag, 02 Februar 2017 06:33)


    Thanks for sharing your thoughts about %meta_keyword%. Regards

  • #3

    Brandi Kellog (Donnerstag, 02 Februar 2017 16:52)


    I needed to thank you for this fantastic read!! I certainly loved every bit of it. I have you bookmarked to look at new things you post�

  • #4

    Hsiu Mckinney (Sonntag, 05 Februar 2017 08:05)


    This is a great tip particularly to those fresh to the blogosphere. Simple but very precise info� Thanks for sharing this one. A must read post!

  • #5

    Daniele Sinner (Sonntag, 05 Februar 2017 11:35)


    This is a topic which is near to my heart... Thank you! Exactly where are your contact details though?

  • #6

    Kisha Schwein (Dienstag, 07 Februar 2017 00:53)


    Asking questions are genuinely pleasant thing if you are not understanding anything completely, however this article provides fastidious understanding even.

  • #7

    Chae Baird (Mittwoch, 08 Februar 2017 19:10)


    Hi to every one, the contents existing at this web site are in fact remarkable for people experience, well, keep up the good work fellows.

  • #8

    Micha Leisinger (Freitag, 10 Februar 2017 00:24)


    Hello, I think your web site may be having browser compatibility problems. Whenever I look at your web site in Safari, it looks fine however, if opening in IE, it's got some overlapping issues. I merely wanted to provide you with a quick heads up! Besides that, fantastic site!